Gesellschaft und Marken – Warum Branding allein nicht mehr reicht
Wie beeinflussen soziale und kulturelle Faktoren das Handeln und Agieren von Unternehmen und ihren Marken? Das war das Thema meines Webinars als Soziologin und Markenspezialistin mit der Basler Kreativagentur Yellow. Nachzuschauen kann man es auf Vimeo: Die Gesellschaft als Brandstifter für Marken
Die Welt ist im Wandel. Zweifellos.
ABER: Corona hat nicht alles verändert, die Pandemie verschärft und beschleunigt bereits bestehende Tendenzen. Und sie schärft den Blick für die Notwendigkeit der Veränderung. Während sich zuvor viele an der scheinbaren Unveränderbarkeit der Dinge festhielten, hat die weltweite Reaktion auf das Corona-Virus von einem Tag auf den anderen alles auf den Kopf gestellt. Homeoffice nicht effizient und praktizierbar? Plötzlich Notwendigkeit (und machbar). Weniger Flugverkehr nicht realistisch? Flieger bleiben auf dem Boden und die Welt dreht sich trotzdem weiter.
Die Welt ist im Wandel, nur in welche Richtung ist noch nicht ganz klar.
Gegenwärtig können wir einige gegensätzliche Dynamiken und Trends beobachten, die sechs gesellschaftliche Spannungsfelder hervorbringen:
Globalisierung vs. Lokalisierung
Der durch Covid-19 provozierte Lockdown in vielen Ländern der Welt zeigt, wie stark unser Leben von internationalen Dependenzen geprägt ist und wie wichtig für uns das lokale, kurzgliedrige Gewerbe ist. Zudem suchen die Menschen nach einem Ausgleich zum steten Unterwegssein und entdeckt in ihrer nächsten Umgebung wieder Halt und Sicherheit.Individualismus vs. Gemeinschaft
Das Individuum ist in seiner Bedeutung nach wie vor stark, gleichzeitig erstarken gemeinschaftliche identitätsstiftende Bewegungen. Einer Gemeinschaft anzugehören gewinnt an Stellenwert. Beide Tendenzen stellen Anforderungen an Unternehmen und Politik.Solidarität vs. Abgrenzung
Solidaritätsbekundungen in die eine Richtung, bedeuten oft gleichzeitig klare Abgrenzung und häufig sogar Protest und Boykott in eine andere Richtung.Digitalisierung vs. Spiritualität
Mit der fortschreitenden Digitalisierung stellen sich uns Fragen zu Datenschutz und psychischem Wohlbefinden. Digitale Übersättigung – aktuell zum Beispiel die Zoom-Fatigueness – begegnen bewusstem Digital-Detoxing und Bewegungen hin zu mehr Achtsamkeit und spirituellem Ausgleich.Überflusskonsum vs. Konsumkritischer Minimalismus
Einer Wirtschaft, die immer noch auf Überflusskonsum und endlichen, schnellen Zyklen basiert, treten Minimalismus als neuer Lebensstil und ein bewusster, verantwortungsvoller und meist auf Verzicht beruhender Konsum entgegen.Komplexität vs. Einfachheit
Die Welt ist komplex, vernetzt und interdependent. Das überfordert und weckt nicht selten Misstrauen, denn es ist ein idealer Nährboden, um unstimmige Sachverhalte zu verschleiern. Demgegenüber steht ein Bedürfnis nach Einfachheit und Transparenz.
Diese Spannungsfelder führen zu Unsicherheiten. Wir befinden uns im Zeitalter des gesellschaftlichen Umbruchs, in dem vieles neu ausgehandelt werden muss. Konflikte gehören da unweigerlich dazu, sie sind Zeichen und Treiber sozialen Wandels. Seit den 1960er-Jahren wurde weltweit nicht mehr so viel und so heftig demonstriert und protestiert.
Zielobjekt des Unmuts sind ineffiziente Regierungen, manipulative Machtpositionen, globale Ungerechtigkeiten. Demonstriert wird gegen das System, zu dem Unternehmen und ihre Marken heute ebenfalls gezählt werden.
Was bedeutet das für Unternehmen und ihre Marken?
Konsequenzen für Unternehmen und ihre Brands
Das Verhältnis von Konsumenten zu Unternehmen und ihren Marken verändert sich laufend. Und damit natürlich auch deren Erwartungen. Und zwar drastisch.
Neu ist, dass nicht mehr rein die auf dem Markt angebotene Marke – egal ob Endprodukt oder Dienstleistung – und ihr Nutzen für das Individuum zählen. Das ganze dahinterstehende Unternehmen rückt in den Fokus der Aufmerksamkeit, inklusive all seiner Prozesse und ihrer Bedeutung für ein grösseres Ganzes.
Heute müssen sich Marken klar im sozialen, kulturellen und teils politischen Umfeld positionieren. Gemäss des Edelman Trust Barometers 2019 erwarten 64 Prozent der Konsumenten, dass sich Marken sozial engagieren. Wir begegnen heute einer Sinnökonomie, die geprägt ist von Nachhaltigkeit und kollektiven Zielsetzungen. Von Unternehmen wird verlangt, aus Überzeugung Verantwortung zu übernehmen, integrativ zu handeln und aktiv einen Beitrag zur Lösung gesellschaftlicher Probleme zu leisten.
Die Zeit ist reif für echte Veränderung. Unternehmen, die über Jahre nur den Erhalt des Status Quo trainierten, werden sich schwertun – und wollen zurück. Aber wie Norbert Blüm einst sagte: Die Zukunft ist nicht einfach die Verlängerung der Gegenwart.
Ratsamer ist es, frühzeitig selbstbestimmt den Diskurs zu antizipieren und damit mitzugestalten, als später nur noch auf Fremdbilder und Shitstorms reagieren zu können.
Die Welt ist im Wandel. Und mit ihr die Unternehmen und ihre Marken. Jetzt heisst es, Chancen packen und neue Wege in eine neue Wirtschaft zu suchen.
Chancen für Unternehmen
Wichtig ist, als Unternehmen den ganz eigenen, richtigen Weg zu finden. Dafür ist Kreativität gefragt. Wir wollen dazu inspirieren, Unentdecktes zu entdecken, agil zu sein und den Mut zu finden, das zu tun, was wirklich zu einem passt. Das muss nicht gross sein, aber das Richtige, denn es geht vor allem um Echtheit. Und um Ganzheitlichkeit. Erst der ganzheitliche Blick in alle möglichen Richtungen führt zu den richtigen Fragen und bringt die Lösungen, die uns wirklich weiterbringen:
Wo steht das Unternehmen in der gegenwärtigen wirtschaftlichen, aber auch gesellschaftlichen, kulturellen, politischen und ökologischen Situation?
Wo liegen Risiken? Wo gibt es Chancen, jetzt etwas zu verändern, das kurz-, mittel-, langfristig wirkt?
Welchen veränderten Werten und Bedürfnissen begegnen wir bei unseren Kunden, Geschäftspartnern und Mitarbeitenden?
Wir von Karlie freuen uns, Unternehmen auf ihrem Weg in eine neue Zukunft zu begleiten. Mit einem frischen Blick auf Gegenwärtiges, neuen Ideen und einer grossen Portion Freude und Optimismus.
Das ganze Webinar zum Nachschauen auf Vimeo: Die Gesellschaft als Brandstifter für Marken